Von autonomen Fahrfunktionen über fortschrittliche Sicherheitstechnologien bis hin zu hochentwickelten Infotainment-Systemen – die technischen Innovationen moderner Autos, die regelmäßig auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) präsentiert werden, begeistern viele Autofans. Dabei wird ein entscheidender Komfortfaktor leider häufig übersehen: der Autositz. „Ein ergonomischer Sitz ist das Rückgrat jeder komfortablen und gesunden Fahrt“, sagt Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. Seit 1995 zeichnet der unabhängige Verein ergonomische Produkte, darunter auch rückenfreundliche Autositze, mit dem AGR-Gütesiegel aus.
Durchschnittlich 9,2 Stunden verbringen die Deutschen werktags im Sitzen – einen Großteil davon im Auto. 68% der deutschen Pendlerinnen und Pendler nutzen den PKW für den Arbeitsweg und stehen – oder besser „sitzen“ – jährlich bis zu 79 Stunden im Stau. „Ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad bringt Bewegung in den Alltag und tut dem Rücken gut. Wenn sich lange Autofahrten aber nicht vermeiden lassen, kann ein ergonomischer Autositz Rückenschmerzen vorbeugen“, betont Detjen. Seit fast 30 Jahren zeichnet das medizinische Expertengremium der AGR besonders rückenfreundliche Autositze nach umfassender Prüfung mit dem AGR-Gütesiegel aus.
Ergonomie auf Rädern: so findet man Autositze mit AGR-Gütesiegel
„In den letzten Jahrzehnten hat sich bei den führenden Autoherstellern in Hinblick auf die Ergonomie einiges bewegt. Die Nachfrage nach rückenfreundlichen Autositzen steigt auch auf Seiten der Kunden. Viele Modelle sind bereits serienmäßig mit AGR-zertifizierten Autositzen ausgestattet, bei manchen können sogar die Rücksitz-Passagiere rückenfreundlich mitfahren“, sagt Detjen.
Das AGR-Gütesiegel dient als fachlich anerkannter Maßstab für gesunde Autositze. Dennoch gibt es auch weiterhin Sitze, die kaum den grundlegenden ergonomischen Anforderungen entsprechen und den Rücken bei längeren Fahrten teils aufs Äußerste strapazieren. „Für Kunden ist es nicht immer leicht, sofort den Unterschied zu erkennen“, sagt der AGR-Experte. Die Webseite der AGR (www.agr-ev.de/autositze) bietet daher eine Übersicht, welche Automodelle unter welchem Produktnamen mit AGR-zertifizierten Sitzen ausgestattet sind.
Wer keinen rückenfreundlichen Sitz im Auto hat, muss nicht gleich ein neues Auto kaufen: kompatible Ergo-Sitze können in den meisten gebrauchten Fahrzeugen auch nachgerüstet werden.
Eine Frage der Einstellung: richtig sitzen, entspannt fahren
Damit ein Autositz das Gütesiegel „Geprüft und empfohlen“ erhält, muss er viele Kriterien erfüllen. Zu den Mindestanforderungen zählen unter anderem eine verlängerbare Sitzfläche, eine verstellbare Höhe und Neigung sowie eine Vier-Wege-Lordosestütze. Sitzdynamiksysteme mit aufblasbaren Kissen bieten seitlichen Halt in den Kurven, Komfortkopfstützen entlasten die Halswirbelsäule in Ruhepausen. Zusätzlichen Komfort bieten eine elektrische Lehneneinstellung, integrierte Massagefunktion und Sitzheizung. Atmungsaktive Materialien sorgen für ein optimales Sitzklima.
„Auch der rückenfreundlichste Sitz kann nur optimal unterstützen, wenn er richtig eingestellt ist“, betont Detjen. „Viele Menschen nutzen beim Autofahren die vorhandenen Einstellmöglichkeiten nicht ausreichend. Dabei kann schon eine kleine Anpassung große Wirkung haben.“ Ein Anleitungs-Video auf der AGR-Website zeigt, wie´s geht.
Von Ergonomie bis KI: der intelligente Wellness-Autositz der Zukunft
Der Autositz der Zukunft verspricht noch mehr. Es ist anzunehmen, dass durch das autonome Fahren zusätzliche Komfortfunktionen möglich werden. Zudem sind innovative Technologien wie sensorgesteuerte Anpassungen an individuelle Körperformen und Autositze, die das Beckenpendeln beim Gehen simulieren, bereits in der Entwicklung. „Wir stehen vor einer Revolution im Bereich der Autositzergonomie und -funktion“, prognostiziert Detjen. „Künftige Sitzsysteme werden vermehrt medizinische Daten auswerten, wie Herzfrequenz, Atemrhythmus und Blutzuckerspiegel, um z. B. Ermüdungserscheinungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.“ Schon heute kooperieren Autohersteller mit Herstellern von Fitnessuhren oder experimentieren mit Brain-Computer-Interfaces, um den Innenraum des Autos der Zukunft optimal an die Bedürfnisse der Passagiere anzupassen. Das Konzept der umfassenden Gesundheitsdienstleistungen im Auto, bis hin zur Früherkennung von Erkrankungen, wird unter dem Begriff „Automotive Health“ zusammengefasst.
Aber selbst wenn solche „mitdenkenden“ Sitze auf der Straße angekommen sind, rät der AGR-Experte: „Machen Sie regelmäßig Pausen während langer Fahrten und nutzen Sie diese für kurze Bewegungsübungen. Ihr Rücken wird es Ihnen danken!“ Eine Anleitung für Gymnastik während der Autofahrt oder auf dem Rastplatz gibt es neben vielen weiteren Tipps, unter anderem zur richtigen Sitzeinstellung, auf: www.agr-ev.de/autositze